Mit einem großen Fest wurden die Zeitungszusteller der MITTELBADISCHE PRESSE am Samstag geehrt. Einige bringen die Zeitung seit mehr als 40 Jahren. Und ganze Zustellerfamilien gibt es auch.
VON MICHAEL HASS
Offenburg. Was wäre der Briefeschreiber ohne den Postboten? Der Koch ohne den Kellner? Und was wäre der Journalismus, wenn es niemanden gäbe, der den Lesern die Zeitungen täglich vor die Haustür legt? Die Helden der Nacht, die Zeitungszusteller, sind das letzte Glied in der Produktionskette – und das, findet der REIFF VERLAG, ist eine besondere Anerkennung wert: Ein tolles Fest für die Zusteller mit Musik von DJ Vinimies und Jan Rendels – und zwar an einem Samstag, denn da müssen sie am nächsten Morgen nicht aufstehen.
Mehr als 40 Jahre
700 Frühaufsteher tragen in der Ortenau jeden Morgen die MITTELBADISCHE PRESSE aus manche seit mehr als 40 Jahren. Mit einem Fest würdigten Geschäftsführung und Betriebsrat am Samstag die Leistungen der Zusteller. Sie dankten den rund 100 Zustellern persönlich, die zum Fest in die Freihofhalle nach Waltersweier kamen. Auch Dr. Martin Braun und Marcus Gauch, beide Geschäftsführer der MITTELBADISCHEN PRESSE Zustellservice GmbH & Co. KG, würdigten die Loyalität und Verbundenheit der Mitarbeiter mit dem Hause Reiff, dem Herausgeber der MITTELBADISCHEN PRESSE und der Amtlichen Nachrichtenblätter.
Sechs Nächte in der Woche sind sie unterwegs, egal ob es draußen stürmt, regnet oder schneit. Für die meisten beginnt der Tag bereits, wenn er für andere gerade erst zu Ende geht. Nacht für Nacht. Wie zum Beispiel bei Familie Carriero aus Gengenbach. Seit 30 Jahren trägt Maria Carriero (79) das OFFENBURGER TAGEBLATT in Gengenbach aus. Ihr Mann Vito (78) ist seit 20 Jahren dabei und die Söhne Angelo (57), Gerardo (54) und Tochter Donata (55) komplettieren die Zustellerfamilie. „Wenn einer von uns nicht kann, dann springt eben der andere ein“, erklärt Maria Carriero den Zusammenhalt in der Familie. Um 2 Uhr in der Früh steht sie auf, trinkt eine Tasse Kaffee, trägt bis kurz vor 5 Uhr die Zeitungen aus und legt bis zu sieben Kilometer zu Fuß zurück.
„Anschließend ruhe ich mich bis 7.30 Uhr aus, dann wird gefrühstückt.“ Tochter Donata geht nach dem Zeitungsaustragen um 6 Uhr zur Arbeit. „Ich bin Frühaufsteher, mir macht das nichts aus.“ Dafür geht sie am Abend mit den Hühnern ins Bett.
Manfred Sutterer aus Oberschopfheim fährt zwei Tage in der Woche die Amtlichen Nachrichtenblätter aus. Der 74-Jährige ist Springer und genießt das Rumkommen. „Ich war früher Mitarbeiter im Außendienst und kenne mich in der Ortenau bestens aus.“ Seit 2015 fährt er die Amtlichen Nachrichtenblätter in den Gemeinden von Hornberg bis Achern aus. „Die Arbeit ist so frei wie kaum ein anderer Job – ich kann mir meine Arbeit einteilen, wie ich will“, sagt er.
So ähnlich geht’s auch Anna Mohs, die seit sechs Jahren in Querbach die Zeitungen austrägt. Tochter Bettina hat ihren Zustellbezirk in Kork und Vater Rolf übernimmt in Kork und Neumühl Vertretung. „Im Freien frühmorgens, wenn die Welt noch stillsteht, zu arbeiten, möchte ich nicht mehr missen“, so Anna Mohs und erzählt, wie sie es genießt, wenn der Tag anbricht und die Vögel zu zwitschern beginnen. Dazu kommt, dass das Zeitungsaustragen fit hält. „Seit ich den Job mache, bin ich kaum krank.“ Was den Zustellern besonders wichtig ist: Dass die Abonnenten Verständnis zeigen, wenn die Zeitung mal nicht pünktlich im Briefkasten ist. Pünktlich heißt bis spätestens um 6 Uhr morgens, so die Vorgabe, die aber nur dann eingehalten werden könne, wenn alles reibungslos läuft. Fällt beispielsweise eine Druckmaschine aus und die Zeitungsauslieferung verzögert sich, ist auch Familie Mohs bei ihren Kunden spät dran. Bei widrigen Wetterverhältnissen wie Schnee und Glätte im Winter ist es das gleiche. In der Betriebsversammlung vor dem Fest betonten die Zusteller außerdem, dass Briefkästen häufig nicht beschriftet seien, was die Zustellung, gerade im Vertretungsfall, erschwere. Zugestellte Zugangswege zum Briefkasten würden gerade nachts eine erhöhte Unfallgefahr darstellen.
Den Betriebsratsvorsitzenden Axel Schmider beschäftigen derweil andere Sorgen, denn immer weniger junge Menschen lesen Zeitung. „Wer eine gedruckte Zeitung liest, ist hellwach. Hier gibt es keine blinkenden Buttons und plötzliche Pop-Up-Fenster.“ Der Leser konzentriere sich während der Zeitungslektüre voll und ganz auf die Inhalte. „Genau das macht Zeitungen so attraktiv für hochwertige redaktionelle Artikel.“
Sonderbusverkehr
Trüben konnten solche Geschichten die Feierfreude aber nicht, denn es gab zu essen, zu trinken und tolle Musik. Die Zeitungszusteller, so war zu sehen und zu hören, genossen den Abend in vielerlei Hinsicht, am meisten aber wahrscheinlich: Dass sie am nächsten Tag nicht früh aufstehen mussten.
Und auch für den Heimweg war gesorgt: Ein eigens eingerichteter Sonderbusverkehr sorgte dafür, dass die Zusteller nach der Feier sicher nach Hause kamen.
Fotos: Christoph Breithaupt