Heike Leberer ist der Grund, weshalb die Leser der Mittelbadischen Presse morgens ihre Zeitung am Frühstückstisch lesen können. Die 57-Jährige ist Zustellerin und macht ihren Job seit 16 Jahren mit viel Freude. Wir haben sie begleitet.
Wenn die Laternen die Nacht erhellen und noch Ruhe in den Straßen herrscht, beginnt für Heike Leberer die Arbeit. Die 57-Jährige ist Zeitungszustellerin in Vollzeit. „Wir sind die ersten, die sie in der Hand haben“, sagt sie und deutet auf einen großen Stapel frisch gedruckter Zeitungen. Ihre Schicht beginnt am Druckhaus der Mittelbadischen Presse. Nachdem die Exemplare in der Marlener Straße in Offenburg vom Band gelaufen sind, werden sie abgezählt und an die jeweiligen Zusteller verteilt, wie sie erklärt. Ordnungsbewusst zählt sie die Zeitungen selbst noch einmal nach und verstaut sie in ihrem Auto.
Um Mitternacht geht es dann los. Der erste Halt: Offenburg-Uffhofen. Leberer zählt sich einen Stapel ab und läuft los. Sie weiß nicht nur ganz genau wie viele Zeitungen sie braucht, sie kennt auch die Adressen mittlerweile auswendig. „Ich mache das ja schon seit 16 Jahren. Da hat man das im Kopf“, meint die Offenburgerin. In zügigen Schritten läuft sie ein paar Treppenstufen hoch, faltet die Zeitung mit einer Hand in der Mitte und schiebt sie routiniert in das Zeitungsrohr. Das erste Exemplar ist ausgetragen.
Viel Bewegung
Schnell wird klar: Eine Fitnessstudio-Mitgliedschaft braucht Leberer nicht. „Hier in Uffhofen gibt es einige, die in der selben Gegend liegen. Später verteilt es sich dann mehr“, erzählt sie im Gehen. Als zweifache Hundemama gehören das Laufen und die Zeit an der frischen Luft für sie ohnehin zum Alltag. In einer lauen Spätsommernacht wie dieser, ist das auch recht angenehm. Statt im Kostüm oder Arbeitskleidung, kann sie in kurzer Hose und im Top arbeiten.
Ursprünglich hat die Offenburgerin Altenpflege gelernt. Doch nachdem ihre Schwiegermutter pflegebedürftig wurde und ihre Zeit in Anspruch nahm, habe sie sich beruflich neu umgeschaut. „Nachts schlief sie ja, da hatte ich dann Zeit“, erklärt Leberer. So fing sie mit der Zeitungszustellung an und hat es seither kein einziges Mal bereut.
Was die 57-Jährige an ihrer Arbeit so schätzt, ist, dass sie dabei völlig selbstständig ist. „Solange ich meine Arbeit gut erledige, habe ich ja keinen Chef, der mir im Nacken sitzt, oder von dem ich Anweisungen bekomme, auf welche Art und Weise ich meinen Job machen soll“, fügt sie hinzu. Wenn sie zwischendrin eine Kaffeepause machen will oder Lust hat, eine Brezel zu essen, spricht nichts dagegen. Dass sie sich die Arbeit selbst einteilen kann und dabei ihre Ruhe hat, gebe Leberer viel. Die einzige Vorgabe, die sie hat, ist, dass die Zeitungen intakt und bis sechs Uhr morgens beim Kunden sein müssen.
Gut geschützt
Sollte eine Zeitung doch einmal beschädigt werden, kann sie den Disponenten anrufen, der in dem Fall ihr Mann Karl Leberer ist. Er bringt ihr eine Ersatzzeitung oder lässt eine nachliefern. „Das kommt aber sehr selten vor“, ergänzt sie. Bei Regen oder Schnee verstaut sie die Zeitungen nämlich unter ihrer Jacke oder in einer Tüte, damit sie keinen Schaden nehmen.
Bei einer Arbeit, die nachts stattfindet, sieht man natürlich so allerhand. Gerade als die Zustellerin hinter einer Hecke hervorkommt, um zu einem Hauseingang zu gelangen, hoppeln zwei Hasen, etwa einen Meter von ihr entfernt, vor ihr davon. „Die sehe ich öfter mal“ meint Leberer und lächelt. Außer Wildtieren begegne sie bei ihrer Arbeit sonst eher selten jemandem. „Manche Leute fragen mich, ob ich keine Angst habe, weil ich nachts alleine draußen unterwegs bin. Aber schlimme Dinge geschehen auch tagsüber und mir ist in den 16-Jahren noch nie etwas passiert“, berichtet die Offenburgerin.
Inzwischen sind alle Zeitungen, die nach Uffhofen gehören, ausgetragen. Jetzt geht es weiter in die Heinrich-Hertz-Straße. Von dort aus führt ihre Route sie weiter in den Unteren Angel, die Ortenberger Straße, den Seidenfaden, die Wilhelmstraße und am Schluss noch nach Ortenberg. 350 Exemplare verteilt Leberer, wenn sie keine zusätzlichen Routen übernimmt. „Bis vor Kurzem habe ich noch zwei weitere Bezirke in Offenburg und eine in Zell-Weierbach für eine Kollegin übernommen.“ Denn bei den Zustellern herrscht aktuell Personalmangel.
Die Sommerferien und einige Krankheitsfälle hätten die Situation verschärft, wie Disponent Leberer erklärt. „Wir haben regulär 470 Zeitungszusteller. Mit den amtlichen Nachrichtenblättern, die wir auch zustellen, sind es ungefähr 730 und es kommen noch zirka 16 Generalvertreter dazu. Die haben innerhalb der Firma andere Vollzeitjobs, springen aber ein, wenn es Ausfälle gibt.“ Nach wie vor werden weitere Zusteller gesucht.
Nebenverdienst
Heike Leberer versucht daher immer wieder, Leute aus ihrem Umfeld für den Job zu gewinnen. Mit Erfolg. Ihre beiden Töchter und ihre Schwiegersöhne hat sie bereits mit ins Boot geholt. „Ich finde, es bietet sich eben auch perfekt als Nebenverdienst an. Oder für junge Mütter, die wieder arbeiten gehen wollen. Wenn der Mann nachts zu Hause ist, kann sie die Zeit gut nutzen“, meint die 57-Jährige. Die meisten ihrer Kollegen seien in Teilzeit oder auf Minijob-Basis angestellt. „Wenn ich schon vor 30 Jahren davon gewusst hätte, hätte ich früher angefangen, Zeitungen zuzustellen.“
Geschenke
Außerdem gebe es da noch eine schöne Sache an ihrer Arbeit. In der Weihnachtszeit bekomme sie regelmäßig Geschenke. „Die meisten geben einem Geld, aber ich habe schon Wein, Sekt, Schokolade und sogar Duschgel geschenkt bekommen“, sagt Leberer und lacht.
Der Zeitungsstapel in ihrem Auto ist über die Nacht hinweg geschrumpft, es bleiben nur noch ein paar. Und während die Sonne allmählich wieder aufgeht und in den Häusern die Lichter angeknipst werden, beginnt für Heike Leberer der wohlverdiente Feierabend.
ZUSTELLER GESUCHT
Die Mittelbadische Presse stellt aktuell Zusteller ein. Interessierte können sich per Whatsapp unter Telefon 0172/7412118 oder per Mail Logistik-Job@reiff.de für einen Zustellerjob bewerben. Weitere Informationen gibt es außerdem online unter www.zusteller-ortenau.de.
Das Gehalt der Zusteller hängt von der Art der Zustellung ab. Die Gebietsleiter geben dazu direkt bei Kontaktaufnahme nähere Informationen.
Die Arbeitszeiten sind für die Zustellung von Zeitungen von Montag bis Samstag in der Nacht bis am frühen Morgen. Der Arbeitsbeginn hängt von der Menge der auszutragenden Zeitungen ab. Für jedes Gebiet wird unterschiedlich viel Zeit benötigt. Die amtlichen Nachrichtenblätter werden je nach Zustellort am Donnerstag oder Freitag zugestellt. Hier hat der Zusteller Zeit bis 17 Uhr.